Schweigen ist Stärke – Sage immer weniger als notwendig

In unserer heutigen Welt wird oft viel geredet, doch selten wird über die Stärke des Schweigens nachgedacht. Schweigen kann eine immense Stärke sein und ist oft effektiver als viele Worte. warum es so wichtig ist, weniger zu reden und mehr zuzuhören, und wie diese Strategie uns in verschiedenen Lebensbereichen helfen kann.

Kennst du mein wichtigstes Unterscheidungsmerkmal zwischen einem Profi und einem schlechten Verkäufer, Politiker oder Vorgesetzten? Der schlechte ist mehr mit sich selbst beschäftigt, während der Profi ein ausgezeichneter Zuhörer ist. Viele sind noch dogmatisch und manipulativ. Sie sind darauf trainiert, ihren Gesprächspartnern den Eindruck zu vermitteln, dass sie ihnen aufmerksam zuhören, während sie in Wirklichkeit nur darauf warten, wieder das Wort zu ergreifen. Deine Leidenschaft, zu überzeugen, zu überreden oder sogar zu finalisieren, wird zum Zweck, der jedes Mittel rechtfertigt. Die meisten Menschen halten sich für gute Zuhörer, aber nur die Wenigsten sind es wirklich. Achte mal darauf, wie viele deiner Freunde und Verwandten dir wirklich zuhören? Niemand hat es uns jemals beigebracht. Wir haben nur das Sprechen gelernt, doch das Zuhören ist es, das uns wirklich mit anderen verbindet. Ein guter Zuhörer wird immer mehr geschätzt als ein guter Redner, weil diese Fähigkeit seltener ist als jede andere positive Eigenschaft. Wenn jemand zu uns spricht, hören wir normalerweise auf einer von mehreren Ebenen zu. Es fängt beim niedrigsten Niveau an, indem wir den anderen ignorieren, ihm gar nicht wirklich zuhören.

Kennst du solche Leute, die du zum ersten Mal triffst und sie fangen ununterbrochen ohne Punkt und Komma zu plappern? Welchen Eindruck so eine Person auf dich? Wirkt sie souverän und selbstbewusst? Kann es sein, dass diese Person ihre Unsicherheit mit solchem Smalltalk bekämpfen will?

Versuche nicht, die Leute mit vielen Worten zu beeindrucken. Je mehr du redest, desto durchschnittlicher und hilfloser wirkst du. Selbst wenn du nur Banales sagst, wirkt es origineller, wenn du es mit Andeutungen, offenen Schlüssen oder kryptisch tust. Selbstbewusste Menschen beeindrucken und schüchtern zuweilen ein, indem sie wenig sagen. Je mehr du redest, desto eher rutscht dir auch eine Dummheit heraus.

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Du kannst einfach abwarten. Du kannst beschließen, dich überhaupt nicht mündlich zu äußern… und stattdessen deine Arbeit für sich sprechen lassen. Von Angela Merkel ist bekannt, dass sie in ihren Reden kaum Adjektive verwendet, aber wenn sie spricht, hört man ihr zu, weil man weiß, dass jedes Wort mit Bedacht gewählt ist. Cato beschloss, nur dann zu sprechen, wenn er sicher war, dass seine Worte nicht besser ungesagt blieben. Es ist besser, für dumm oder einfältig gehalten zu werden, als sich lächerlich zu machen, indem man zeigt, dass man nichts zu sagen hat. Bedauere, was du nicht gesagt hast, nicht umgekehrt. Ungenaue Sprache – das, was man heute »semantische Entgleisung« nennt -, die falsche und missbräuchliche Verwendung wichtiger Wörter bis hin zu ihrer Bedeutungslosigkeit, ist nicht nur ein Zeichen schlampigen Denkens, sondern auch eines schlechten Charakters. Wenn du etwas sagst, sollte es auch etwas bedeuten. Denke daran: Meinungsfreiheit ist ein Recht, keine Pflicht. »Jeder Mensch hat zwei Augen und einen Mund«, sagte Zenon zu seinen Schülern. »Respektiere dieses Verhältnis in angemessener Weise.«

Lass die anderen wünschen, du würdest mehr reden. Lass andere fragen, was du denkst. Gib deinen Worten Gewicht, weil sie selten sind. Du kannst eine Frage mit »Ich weiß nicht« beantworten. Man kann eine Beleidigung ignorieren. Man kann eine Einladung ablehnen. Du kannst dich entscheiden, deine Gründe nicht zu nennen. Du kannst eine Redepause einlegen. Du kannst stattdessen in dein Tagebuch schreiben, was du zu sagen hast. Du kannst zuhören. Du kannst schweigen. Du kannst Taten sprechen lassen. Du kannst mehr zuhören als sprechen. Du kannst nur sprechen, wenn du sicher bist, dass es nicht besser ist, es nicht zu sagen. Natürlich kannst du das. Aber wirst du es wirklich tun?

Als junger Mann entdeckte der Künstler Andy Warhol, dass es in der Regel unmöglich ist, andere mit Worten dazu zu bringen, das zu tun, was du von ihnen willst. Sie wenden sich gegen dich, unterminieren deine Wünsche und gehorchen aus schierer Bockigkeit nicht. Einem Freund sagte er einmal: „Ich lernte, dass man wirklich mehr Macht hat, wenn man den Mund hält.“ Im späteren Leben bediente sich Warhol mit großem Erfolg dieser Strategie. Seine Interviews waren Exerzitien des Orakelns: Er sagte etwas Vages und Mehrdeutiges, und der Interviewer drehte sich mit seinen Versuchen, die Bedeutung herauszufinden, im Kreis, weil er glaubte, hinter diesen oft bedeutungslosen Phrasen müsste etwas Profundes stecken. Warhol sprach kaum über seine Arbeit; das Interpretieren überließ er anderen. Angeblich erlernte er diese Technik vom Meister des Geheimnisvollen, Marcel Duchamp: Je weniger Duchamp über seine Werke erzählte, desto mehr redeten die Leute darüber und desto faszinierender und mysteriöser wirkten sie. In vielerlei Hinsicht ist der Eindruck, den du vermittelst, entscheidend.

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In den meisten Lebensbereichen wirkst du umso scharfsinniger und unergründlicher, je weniger du sagst.  Indem du weniger als nötig sagst, machst du dich interessanter, und je weniger du sagst desto weniger riskierst du auch, etwas Dummes oder Taktloses zu äußern. Wenn du weniger sagst als nötig, erscheinst du auch zwangsläufig größer und einflussreicher, als du tatsächlich bist. Dein Schweigen kann auf andere beunruhigend wirken. Menschen sind wie Maschinen, die ständig nach Interpretationen und Erklärungen suchen; sie möchten verstehen, was du denkst. Wenn die Worte erst einmal heraus sind, kannst du sie nicht wieder zurücknehmen. Also halte sie unter Kontrolle. Sei mit Sarkasmen besonders vorsichtig: Die momentane Befriedigung, die du mit deinen beißenden Worten erlangst, wiegt nicht den Preis auf, den du dafür zahlen musst.

Die meisten Menschen sind wie ein offenes Buch. Sie sagen, was sie denken, posaunen bei jeder Gelegenheit ihre Meinung heraus und geben ständig ihre Pläne und Absichten preis. Das tun sie aus mehreren Gründen. Erstens ist es nur natürlich, dass man über seine Gedanken und Pläne sprechen will. Zweitens glauben viele, dass man mit Ehrlichkeit und Offenheit die Herzen der Menschen gewinnt und seinen guten Charakter offenbart. Sie geben sich Illusionen hin. Ehrlichkeit ist eine stumpfe Klinge, die dir einen Feind nach dem anderen beschert. Offenheit ist zwar an sich redlich, doch die Menschen werden Respektlosigkeit und Missgunst auf dich häufen.

An dieser Stelle bekomme ich oft von meinen Kunden im Coaching die Frage gestellt: ‚Aber wenn ich nicht authentisch bin, bin ich dann nicht mehr ehrlich, bin ich dann nicht mehr echt?‘ Meine Antwort darauf ist: Absolute Ehrlichkeit ist nicht immer diplomatisch, und das ist eine wichtige Nuance. Authentisch zu sein bedeutet nicht, unbedingt jede Meinung ungefiltert auszusprechen. Es geht vielmehr darum, die Wahrheit so zu kommunizieren, dass sie sowohl respektvoll als auch effektiv ist. Denn manchmal kann eine zu direkte Kommunikation unerwünschte Folgen haben und den gewünschten Dialog erschweren.

Absolute Ehrlichkeit ist nicht immer diplomatisch und schon gar nicht die angenehmste Form der Kommunikation. Im Umgang mit Menschen dürfen wir nicht vergessen, dass wir es nicht nur mit rationalen Wesen zu tun haben, sondern mit Geschöpfen voller Emotionen, Stolz, Eitelkeit und Vorurteilen. Soll man seinen Kollegen oder Kunden unverblümt darlegen, was man von ihnen hält? Kennen Sie jemanden, der sein Gesicht sofort verzieht, wenn ihm nicht gefällt, was er hört, oder der ein Gähnen nicht unterdrücken kann, wenn er sich langweilt? Jemand, der immer seine Meinung kundtut, der mit seiner Weltanschauung und seiner Art immer seinen eigenen Weg geht, der sich immer gleich verhält, ob er nun mit seinem Chef oder mit seinem Kind spricht. Eine solche Person würde in unserer Gesellschaft zweifellos verspottet, ausgegrenzt und verachtet werden. Gottseidank wissen wir nur selten wirklich, was der andere tatsächlich will. Oder denkt. Und das ist doch eigentlich gut so. Das macht den Menschen aus. Wie unendlich farblos und trocken wäre unser Leben, wenn wir unser Gegenüber instinktsicher zu jeder Zeit richtig einschätzen könnten. Das faken gehört dazu.Echte Emotionen sind im normalen menschlichen Zusammenleben sowieso meistens nur von untergeordneter Bedeutung. Wenn du hier Leute triffst, die du nicht leiden kannst, bist du trotzdem total nett zu ihnen. Jetzt wisst ihr beide voneinander, dass ihr euch wechselseitig nicht leiden könnt, und seid trotzdem nett zueinander. Es ist dir immer noch lieber, wenn jemand völlig unaufrichtig nett zu dir ist im sozialen Kontext, als wenn er dich anpöbelt. Das heißt, in den allermeisten Lebenssituationen reichen gefakte Emotionen aus.

Du scheinst unsicher zu sein, und zwar deshalb, weil du nicht zu beherrschen weißt, was aus deinem Mund kommt. Sei vorsichtig mit deinen Worten: Je mehr du sagst, desto größer ist die Gefahr, dass du in ein Banales abgleitest und Macht verlierst. Sogar Wörter, die wohlüberlegt und ironisch sind, können, wenn sie zu oft gebraucht werden, ihre Wirkung verlieren. Manchmal ist es weiser, einen zurückhaltenden, mysteriösen Ausdruck zu bewahren. Das Schweigen kann strategisch genutzt werden, um Autorität und Respekt zu gewinnen. Denke an Ludwig XIV. und Andy Warhol, deren wenige Worte eine Welt des Rätselhaften und Mächtigen erschufen. Schweige und höre zu, und du wirst feststellen, dass du die Zügel der Macht fest in den Händen hältst.

Ob online oder persönlich, es fällt uns schwer, still zu bleiben. Wir melden uns zu Wort, weil wir glauben, dass es von uns erwartet wird. Wir melden uns zu Wort, weil wir nicht dumm dastehen wollen (auch wenn wir mit unseren Äußerungen jeden Zweifel daran ausräumen). Wir melden uns zu Wort, weil wir es nicht ertragen können, wenn ein anderes Unrecht hat und niemand ihn darauf hinweist.

Wohin führt das? In der Regel zu Schwierigkeiten. Es macht selten einen positiven Unterschied. Und es hilft uns nie bei den Dingen, die uns wichtig sind. Fast immer ist es eine Ablenkung von der Hauptsache!

Kannst du … ein Geheimnis bewahren?

– sich auf die Zunge beißen, wenn es um jemanden oder etwas geht, das man nicht mag?

– jemand anderen die Nachricht überbringen lassen?

– es ertragen, missverstanden zu werden?

Wir müssen den Mut haben, unsere Meinung zu äußern und die Wahrheit zu sagen, aber wir müssen auch die Selbstdisziplin entwickeln, zu wissen, wann wir uns konzentrieren und wann wir den Mund halten müssen (und wie wir das, was wir zu sagen haben, so kurz wie möglich halten). Man muss nicht jeden Gedanken aussprechen. Man muss nicht immer seine Meinung sagen – vor allem nicht, wenn man nicht gefragt wird. Nur weil es eine Gesprächspause gibt, heißt das nicht, dass Sie sie ausfüllen müssen. Nur weil alle reden, müssen Sie sich nicht an der Diskussion beteiligen. Sie können entweder verlegen dasitzen oder die Stille zu Ihrem Vorteil nutzen.In meinem Buch „Verkaufen mit Körpersprache“ widme ich dem Zuhören ein ganzes Kapitel, das als normatives Zuhören bekannt ist. Es ist ein Phänomen, dass viele meiner Klienten, die diese Technik anwenden, für gute Gesprächspartner gehalten werden, während sie in Wirklichkeit nur zuhören und ihre Kunden zum Sprechen ermutigen. Das Buch ist als Taschenbuch oder eBook unter verkaufenmitkoerpersprache.de erhältlich und kann sicher auf Amazon erworben werden.